das paar-date oder "ich erzähle dir von mir"

Psychologie-Blog
foto: charlie foster, stocksnaps

             Das kleine, hübsch gestaltete Büchlein Das Paar-Date von Caroline Fux und Joseph Bendel (2016) habe ich zufälligerweise in der Stadtbibliothek Olten gefunden, als ich einen Stapel Fachliteratur zum Thema Geschwisterbeziehungen für den ersten Themenabend in meiner neuen Praxis gesucht habe. Der Titel hat mich angezogen: Das Paar-Date. Das klang gut und interessant. Ein Date mit dem Partner, mit dem man seit fünfzehn Jahren zusammen ist, das wär’s doch! Ich wollte mehr wissen, was das genau ist. Und da ich das Kontingent von zehn Büchern gerade noch nicht ganz ausgeschöpft hatte, konnte ich das Büchlein auch ausleihen.

            In der Praxis dann habe ich es gelesen und war zuerst einen kurzen Moment darüber enttäuscht, dass es nicht ganz das war, was ich mir vorgestellt hatte. Dafür bin ich wieder auf eine Methode gestossen, die ich bereits in einer der unzähligen Stunden Selbsterfahrung (davon eben einige mit meinem Partner zusammen) im Rahmen meiner Psychotherapie-Weiterbildung kennenlernen durfte. Die Methode wurde uns mit Zwiegespräch vorgestellt. Und der Name gefällt mir eigentlich sehr viel besser als Updating, wie Caroline Fux und Joseph Bendel die Methode nennen. Tatsächlich haben sie die ursprüngliche Methode des Zwiegesprächs von Michael Lukas Moeller (1937 – 2002), einem deutschen Psychoanalytiker, Dozenten und Sachbuchautoren, weiterentwickelt. Vor allem auch zeitlich gekürzt, ein Zeichen der Zeit wohl. Moeller sah für das Zwiegespräch einmal wöchentlich 60 – 90 Minuten vor. (Wenn Sie das Updating mal ausprobieren, stellen Sie sich vor, wie das wäre, wenn Sie statt einmal 15 Minuten, dreimal 15 Minuten Sprechzeit hätten!) Vor 30 Jahren hatten die Menschen wahrscheinlich noch mehr Zeit oder die Paar-Beziehung war ihnen noch wichtiger.

            Wie auch immer, beim Updating geht es darum, dass wir Annahmen, die wir über unseren Partner, über unsere Partnerin machen, durch „echtes Wissen“ austauschen. Das schliesst sich thematisch gut an meinen Blogeintrag vom März 2016 an: Sehr schnell meinen wir zu wissen, wie unser Gegenüber denkt. Sei das unser Partner, unsere Kinder, die Freundin oder der Vater. „Glauben“ fällt uns leichter als zu „wissen“. Wir nehmen uns und unserem Gegenüber damit die Möglichkeit, uns weiterzuentwickeln. Oder sind enttäuscht, wenn der Partner schlecht darauf reagiert, weil er nicht mitbekommen hat, dass ich nicht mehr gleich ticke, wie vielleicht vor zehn Jahren. Und das verstehe ich auch als Ziel dieses Büchleins: sich durch das Updating immer wieder mit Neugier und Offenheit zu begegnen, „Unerhörtes“, noch nicht Gehörtes vom Partner zu erfahren. Beides schafft letztlich Nähe und Intimität. Und das ist auch das, was mir vom Zwiegespräch in diesem Paar-Selbsterfahrungs-wochenende geblieben ist. Wie berührt ich war, als ich meinem Partner einfach 15 Minuten zuhören konnte, ohne reagieren zu müssen! Es war ein Moment von Nähe, die mich zu Tränen gerührt hat, obwohl mein Partner gar nicht so viel gesagt hat. Es war, als ob ich einen kurzen Augenblick in seine Seele habe blicken dürfen, einen Moment von Verletzlichkeit und Vertrauen, von Blösse, ohne Schnörkel, einen Moment von Reinheit, irgendwie. Gar nicht so einfach mit Worten zu beschreiben. Aber es wurde mir klar, wie sehr ich diesen Mann liebe, auch wenn das gar nicht in Frage gestellt war.

           Fux und Bendel (2016) schreiben, dass nicht alle Paare das Paar-Date von Beginn weg schätzen, aber mit der Zeit zu schätzen lernen. Damit das möglich ist, sollte es jedoch regelmässig und konsequent angewendet und die „Spielregeln“ eingehalten werden. Dann – so die Autorenschaft – wirke es wie eine „Beziehungsversicherung“.

Haben Sie Lust, das Updating auszuprobieren? So funktioniert es (vgl. dazu auch Fux & Bendel, 2016):

  1. Sie setzen sich einmal wöchentlich zusammen, jede Woche. Die Termine sind geplant und in Ihrer Agenda eingetragen.
  2. Die Update-Sitzung dauert 45 Minuten und besteht aus drei Teilen. In einem ersten Teil spricht ausschliesslich Ihr Partner, in einem zweiten Teil sprechen ausschliesslich Sie und in einem dritten Teil sprechen Sie beide. Allerdings sprechen Sie weiterhin in Selbstaussagen, dürfen aber auch nachfragen, was Sie vom Partner nicht verstanden haben, und berichten, wie es Ihnen beim Zuhören ergangen ist. Wichtig: Beim Update gibt es keine Diskussion und Sie versuchen auch nicht, allfällige Probleme zu lösen. Sie nehmen einfach wahr, was Sie von Ihrem Partner hören.
  3. Wenn Sie daran sind zu sprechen, dann machen Sie ausschliesslich Selbstaussagen, Sie sprechen über sich, darüber, was Sie beschäftigt, wie Sie den anderen erleben, über die Beziehung, die Kinder, Ihre Arbeit, über „Gott und die Welt“ halt. Es ist ein bisschen, als ob Sie laut denken würden.
  4. Als Zuhörende hören Sie „bloss“ zu. Sie geben keinerlei Rückmeldungen, weder verbal noch non-verbal. Das heisst, Sie nicken auch nicht, verdrehen nicht die Augen oder schütteln den Kopf. Sie dürfen es sich erlauben, einfach „nur“ zuzuhören. Nehmen Sie die entspannende Erfahrung wahr, nicht reagieren zu müssen. Oder nehmen Sie es einfach wahr, wenn Sie merken, dass es für Sie gar nicht so entspannend ist, nicht reagieren zu dürfen.
  5. Die Zeiteinheiten sollen mit dem Timer überwacht werden, damit sich beide ganz auf das Sprechen bzw. Zuhören konzentrieren können. Nach 15 Minuten ist Schluss. Das heisst, die Person, die spricht, darf noch den Satz fertig machen und dann kommt der nächste Teil dran.
  6. Die Zeiteinheiten sollen nicht verkürzt werden. Mann oder Frau darf auch in seiner bzw. ihrer Sprechzeit schweigen. Das ist vollkommen in Ordnung. Der Wechsel zum nächsten Teil erfolgt erst, wenn die 15 Minuten vorüber sind.
  7. Während des Updatings empfehlen Fux und Bendel (2016) nicht zu essen, nicht zu rauchen und die Mobiltelefone ausgeschaltet zu lassen, damit die Gesprächszeiten ganz ungestört sein können.
  8. Das Updating soll an einem ruhigen Ort stattfinden. Meine Erfahrung war, dass ich das Zwiegespräch viel intensiver erlebte während ich meinem Partner gegenüber sass, als zum Beispiel beim nebeneinander Hergehen. Wem das Vis-à-vis jedoch zu schwierig erscheint, erlebt vielleicht einen Spaziergang als hilfreich.
  9. Für Fux und Bendel soll die Verantwortung zur Durchführung des Paar-Dates abwechselnd geschehen. So kann sich die eine Person in den geraden Wochen, die andere in den ungeraden verantwortlich zeigen.
  10. Das Ende soll strukturiert geschehen und das Gespräch nach der letzten Einheit konsequent abgeschlossen werden, unabhängig davon, wo das Gespräch inhaltlich gerade steht. Dies ist wichtig, damit das Updating nicht in eine Diskussion übergeht. Die beiden Autoren geben auch Hinweise darauf, was man tun kann, wenn wichtige Punkte für den einen Partner offen bleiben oder eine Person sehr aufgewühlt sein sollte (vgl. Fux & Bendel, 2016, 42).

           Was denken Sie dazu? Haben Sie Lust, sich einige Paar-Date-Termine in Ihrer Agenda einzutragen? Und wenn Sie mögen, berichten Sie, wie es Ihnen ergangen ist.

In jedem Fall wünsche ich Ihnen viele Momente von Nähe und Intimität, mit oder ohne Paar-Date!

 

                  Mit herzlichen Frühlingsgrüssen

Andrea Bütikofer

 

P.S.: Und falls jemand Lust hat auf das Büchlein, kann ich das sehr empfehlen. Hier sind die vollständigen Literaturangaben: Fux, C. & Bendel, J. (2016). Das Paar-Date. Miteinander über alles reden. Zürich: Ringier Axel Springer Schweiz AG.

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